s
Von den vielen bedeutenden Städten der Rheinprovinz können hier
nur noch aufgezählt werden: die Festungen Wesel und Saar-
louis — die bedeutende Fabrikstadt Crefeld — das durch seine
Malerschule und einen schönen Lustw ald (Hofgarten genannt) aus-
gezeichnete Düsseldorf mit 69,000 Einwohnern — die alte Stadt
Trier, Sitz eines katholischen Bischofs, mit 21,000 Einwohnern —
und die Universitätsstadt Bonn dem Siebengebirge gegenüber.
Von den vielen wohlthätigen Anstalten der Rheinprovinz ließe sich
noch viel erzählen, z. B. von der Provinzial-Jrrenanstalt zu
Siegburg am Siebengebirge. Dort werden Menschen, welche das
Unglück hatten, ihren Verstand zu verlieren, in ärztliche Pflege ge-
nommen, um sie durch sanfte und geschickte Behandlung von ihrer Geistes-
krankheit zu heilen, was auch bei sehr vielen gelingt. —
7. Der Dom zu Köln.
Unter den vielen Kirchen der Stadt Köln und überhaupt unter
allen Kirchen Deutschlands ist eine der merkwürdigsten und vorzüglichsten
der herrliche Dom. Der Bau des Domes begann im Jahre 1248
durch den Erzbischof Conrad von Hochsteden. Das große Vermögen
dieses Erzbischofs, so wie der damalige Reichthum der Bewohner Kölns
machte den Beginn eines so großartigen Baues möglich. Auch brachten
die unzähligen Pilger, die aus entfernten Gegenden zur Verehrung der
Reliquien der heil, drei Könige (der Weisen aus dem Morgenlande)
dorthin wallfahrteten, zum Bau des Domes große Schätze zusammen.
Aber die Kosten wurden doch endlich zu groß, so daß der Bau, woran
noch 1599 gearbeitet wurde, dann eingestellt werden mußte, ehe noch
die Hälfte fertig war. Der Dom ist in der Form eines Kreuzes ge-
baut; seine Länge beträgt 125“ und seine Breite 72™. Das Ge-
wölbe wird von hundert Säulen getragen, die in vier Reihen neben
einander stehen und von denen die der mittlern Reihen mehr als 9"
im Umfang haben. Gleich den Bäumen eines uralten Waldes stehen
diese schlanken Säulen da; nur am höchsten Gipfel sind sie in Aste
gespalten, die mit ihren Nachbaren sich zu spitzen Bogen verbinden
und dem Auge, das ihnen folgen will, fast unerreichbar erscheinen.
Die innere Höhe des Domes beträgt 50™. Die beiden Thürme,
deren jeder eine Höhe von 156™ erreichen soll, sind noch unvollendet.
Beide sind bis jetzt erst auf eine Höhe von 50™ gebracht. In
dem auf der Südseite stehenden Thurme hängt die große Dom-
glocke, welche 225 Centner wiegt und von 12 Mann gezogen werden
muß. —
In den neuesten Zeiten ist ein Verein unter dem Namen „Dombau-
Verein" zusammengetreten, um den Ausbau dieses herrlichen Denkmals
alter Baukunst zu bewirken. Zu den Beiträgen der Mitglieder dieses
Vereins zahlt der König von Preußen jährlich eine sv bedeutende
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium]]
— 10 —
Summe, daß zu hoffen steht, wir werden diesen Wunderbau bald in
seiner Vollendung schauen.
Zu den vornehmsten Merkwürdigkeiten des Domes sind außer vielen
Grabmälern zu rechnen: die große Sakristei mit der goldenen Kammer,
welche mehrere Kostbarkeiten, unter andern den silbernen Sarg des Erz-
bischofs Engelbert, ein schönes Kunstwerk, enthält; ferner die Kapelle
der h. drei Könige, aus verschiedenen Marmorarten erbaut, worin die
Reliquien der h. drei Könige, in einem kostbaren aus Goldblech ge-
arbeiteten und mit einer Menge von Perlen und Edelsteinen geschmückten
Sarge aufbewahrt werden. Auch an trefflichen Gemälden ist der Dom
reich, und die herrlichen Glasgemälde, welche die ungeheuren Fenster
bedecken, gehören zu den merkwürdigsten Überresten dieser zum Theil
untergegangenen Kunst. Man kann sagen, das Glas verschwindet ganz
dem Auge — alles ist Farbe und — wie Sonnenglanz im Regenbogen,
und schon deshalb wird der Dom von Fremden aus weiter Ferne be-
sucht. Aber nach dem Namen des Mannes, welcher den Plan zu
diesem Riesenbau entworfen, nach dem ersten großen Baukünstler des
Domes fragt jeder Besucher vergebens. Man weiß ihn nicht. Man
hat Jahrhunderte an dem Dome nach dem noch vorhandenen Plane
gebaut, aber es ist niemandem eingefallen, den Namen dieses großen
Geistes zu nennen. „Die Meister, die am Dome gebaut haben, wer-
den nicht genannt; sie haben sich ein herrliches Denkmal gebaut, aber
ohne Inschrift." —
8. Rheinthals Ritterburgen.
An unserm alten Vater Rhein
Stand mancbe Ritterfeste,
Noch jetzt blickt Mond- und Sternenschein
Auf ihre Überreste.
Da wohnten unsre Väter drin,
Die Väter gut und bieder;
Durch ihren deutschen Heldensinn
Wohl würdig deutscher Lieder.
Auch ich hab' euch dereinst geseh'n,
Ihr alten Felsenriesen,
Ihr Könige der Rebenhöh'n,
Der Thäler und der Wiesen,
Wie ihr, im Zettenflug ergraut,
Auf Rhenus grüne Wogen
Von emcn alten Zinnen schaut
Durch hohe Fensterbogen.
Am Tage lebt's im Nebenthal,
Da tönen Winzersänge,
Das Schifflein windet wie ein Aal
Sich durch des Stroms Gedränge.
Da wird es nimmer still und leer
An Deutschlands schönem Rheine,
Wohl mancher Wand'rer zieht einher
Und lagert sich am Rheine.
Der Abend sinkt. Die Sonne glüht
Im purpurnen Gewände
Zum letzten Mal im Strom und flieht
Hinweg in ferne Lande.
Und stille wird's. Wie Schifferskahn
Durch dunkelblaue Wogen,
Kommt still am Himmelsocean
Der Silbermond gezogen.
Ihr blickt so ernst und still herab,
Als wolltet Frohsinn strafen,
Und wachet, daß im Felsengrab
Die Helden ruhig schlafen.
Wohl Mancher ruht im kühlen Haus,
Umdeckt von euren Mauern,
Von seine-n Heldenmühen aus;
Drum mögt ihr immer trauern.
Wenn dann die stille Mitternacht
Rings lagert auf den Bergen,
Tönt laut der Ruf: Ihr Schläfer, wacht,
Erstehet aus den Särgen!
Und donnernd rollt es durch die Luft,
Gewitterwolken blitzen,
Der Ritter steigt aus dunkler Gruft
Zu seiner Väter Sitzen.
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72
Noch mehr dringt sich der Gedanke an die Vergänglichkeit aller
menschlichen Größe deinem Geiste auf, wenn du deine nächsten Umge-
bungen betrachtest; denn von dem Stammhause der Hohenstaufen ist,
bis auf ein kleines Stück Mauer, auch die letzte Spur verschwunden,
und mit Gras und Disteln ist der Schutt überwachsen. Einsame Ziegen
weiden an den steilen Wänden des Berges und halbnackte Hirtenknaben
tummeln sich auf der luftigen Höhe, wo einst der mächtige Friedrich
der Rothbart seine Jugend verlebte. Im Bauernkriege 1525 wurde von
dem Schlosse verbrannt, was verbrennlich war. Die mehr als 2“* dicke
Ringmauer desselben, zwei feste Thürme, der Buben- und Mannsthurm
genannt, und die Thore blieben stehen und standen noch 1588. Seit
jener Zeit wurden die Steine von den benachbarten Bauern geholt, die
Thürme niedergerissen, der Brunnen verschüttet. Sie wühlten nach
Schätzen und fanden Menschengebeine, die sie verschleuderten. Die
Natur selbst scheint hier oben zu trauern über den Untergang der
großen Familie, die hier ihren Wohnsitz hatte. Menschenleer ist die
Gegend, verlassen sieht sich der Wanderer, und nur das Geläute der
Heerden oder einer nahen Kirchenglocke dringt hin und wieder zu
seinem Ohr.
Am südlichen Abhange des Berges liegt das Dorf Höh enstaufe n.
In der alten Kirche desselben, die schon stand, als die Staufen Könige
der Deutschen waren, ist eine kleine, niedrige Thür gegen den Berg
zu; über derselben befindet sich ein uraltes Wandgemälde, welches den
Kaiser Friedrich Barbarossa in eiserner Rüstung vorstellt; unter
dem Bilde sind einige deutsche Reime, welche sagen, daß Friedrich
oft durch diese Thür in die Kirche gegangen sei. Tiefer unter dem
Dorfe auf der Ebene ist ein dichter großer Wald, in welchem ein
paar alte ganz mit Moos überzogene Eichen stehen; von ihnen geht
die Sage unter den Landleuten, daß sie aus den glanzvollen Zeiten
des hohenstaufischen Geschlechts die einzigen noch lebenden Überreste
seien. Wenn diese Sage auch nicht wahr ist, so thut es doch dem
Gefühl wohl, sich in die Zeiten zu versetzen, da diese Bäume jung
waren, sich jene längst entschwundenen Menschengestalten wieder vor-
zustellen, wie sie in diesem Forste dem Eber auflauerten und den
schnellen Hirsch mit ihren Speeren fällten; es thut dem Gefühle wohl,
nach einem so oft wiederholten Wechsel von Geschlechtern, Zetten und
Reichen, eine Creatur, einen Eichbaum anzuschauen, der alle diese
Wechsel überlebt hat, der dem stolzen Menschen die Kürze der ihm
zugemessenen Zeit vorrückt und ihm zu sagen scheint: Dein Leben
währet stebenzig Jahre, wenn es hoch kommt achtzig, und wenn es
köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen; ich hingegen
trotze der Zeit und grüne für und für.
Wiederholungsfragen! —
Zeichnen und Beschreiben! —
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich
der_Rothbart Friedrich Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa Friedrich Friedrich
53
Eingänge wölbt sich ein weiter, jedoch nicht sehr hoher Bogen, eine Art Thor
darstellend, unter welchem Tische und Bänke für die Besucher der Höhle
angebracht sind. Da der Tag ziemlich heiß war und die Ersteigung des
Berges unser Blut etwas in Wallung gebracht, auch einige Schweißtropfen
hervorgetrieben hatte, so ermahnten uns die Führer (wir hatten deren zwei),
hier ein wenig Platz zu nehmen und uns abzukühlen, indem es in der
Höhle weniger warm sei, als hier draußen. Sie selbst zündeten eine Reihe
von Lampen an und überreichten dann jedem von uns eine. Mir wurde
ein wenig unheimlich zu Muthe, als es hieß: „Nun kann's losgehen!"
Der Vater faßte mich indeß bei der Hand, und so ging alles gut.
Der eigentliche Eingang zur Höhle ist kaum etwas breiter, als eine
gewöhnliche Hausthür, und dabei so niedrig, daß große Leute sich Lücken
müssen, wenn sie nicht anstoßen wollen. Man gelangt durch denselben
nicht sogleich in die Höhle, sondern geht erst in einem schmalen, finstern
Gange über 156m weit bis zu einer kleinen verschlossenen Thür.
Nachdem der vorangehende Führer diese geöffnet, traten wir in die wirkliche
Höhle, welche ungefähr die Ausdehnung eines ziemlich großen Zimmers hat.
Der Fußboden ist durch aufgeschüttete Sägespäne seinem größten Theile
nach eben, die Decke hoch gewölbt, fast nach Art der Kreuzgewölbe in alten
Klöstern; die Seitenwände dagegen sind durch regelmäßig über einander-
liegende, bald weiter vor, bald mehr zurücktretende Marmorblöcke von
bedeutendem Umfange gebildet. Alle Felsenmaffen, auch die der Decke
nicht ausgenommen, sind dick mit sogenanntem Tropfstein überdeckt, der
hier und da wunderliche Gestalten bildet. So zeigten uns die Führer
an einer Wand das Leiden Christi, nicht weit davon eine kni een de,
b etende Nonne und einen Weihkessel, an der Decke einen Balda-
chin oder Prozessionshimmel, an welchem sich als ehrwürdige Reli-
quie der Mantel des Elias und der Rock einer Heiligen findet.
Wie diese Tropfsteinfiguren sich nach und nach, d. h. in einem Zeit-
raume von Jahrtausenden, gebildet haben, kann man noch gegenwärtig
sehen. Verhält man sich nämlich ganz ruhig in der Höhle, wozu die
ganze Umgebung auffordert, so hört man deutlich überall das Geräusch
herabfallender Wassertropfen. Diese Tropfen rühren von dem Regen
und Thau auf der Erdoberfläche her, welche nach und nach durch das
Gestein durchsickern und dies dabei zum Theil auflösen. Der Kalk
nun, welchen die Tropfen enthalten, lagertsich in der Höhle wieder
ab, nachdem das Wasser verdunstet ist, und bildet den Tropfstein.
Mit dieser ersten großen Höhle stehen, die vielen Nebenhöhlen nicht
gerechnet, noch fünf andere in Verbindung, die theils höher, theils tiefer
liegen. Man gelangt auf Leitern, die von der Feuchtigkeit ganz naß
und deshalb nicht eben leicht zu besteigen sind, in dieselben. Die Ein-
gänge dazu sind meist sehr enge und beschwerlich.
Zu den merkwürdigsten Tropfsteingebilden der zweiten Höhle gehört
ein Mönch, der das Unglück hatte, von einer Höhe herabzustürzen und
in der Mitte entzwei zu bersten; eine Orgel mit drei Reihen auf ein-
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
308
Florenz, mit 116,000 Einw. — Livorno — Genua — Cagliari auf
Sardinien — Mailand — Venedig — Bologna — Neapel —
Palermo und Messina auf siciiien.
Ls Der Schönheitssinn der Italiener.
Einst begleitete mich ein Italiener. Es war ein prächtiger
Kopf mit einem ausdrucksvollen Gesichte, in dessen Zügen sich Gut-
müthigkeit und Schlauheit -wunderbar mischten, wie fast in allen
Gesichtern des italienischen Landvolks. Die nackte Brust sah braun-
gelb wie Bronce aus dem groben aber sehr weissen Hemde her-
vor — alle Italiener halten viel auf reine und weisse 'Wäsche. In
den schwarzen Locken hinter dem Ohre stak ihm eine dunkelrothe
Nelke, ein gewöhnlicher Schmuck der Männer aus dem Volke, der
ihnen ganz vortrefflich steht. Überhaupt lebt in diesem Volke ein
angeborner Schönheitssinn, an dem ich täglich meine Freude
habe. Die Art, wie sie ilire Jacken, auf der einen Achsel hängend
oder mit dem Ärmel um den Hals geschlungen, tragen, wie sie
stehen, sitzen, liegen, gehen, in ihrer Art, das Halstuch zu knüpfen,
die Schärpe zu schlingen, den Hut zu tragen und zu formen, —
kurz, in allem tritt dieser Schönheitssinn hervor. Oft, wenn ich
Abends durch die Gassen der kleinen Ortschaften reite und nur
mit Mühe mich durch die umherstehende Menschenmenge hindurch
winde, sehe ich Gruppen, welche einem Künstler die schönsten
Vorbilder geben könnten. Wenn bei uns ein Bauernbursch sich auf
den andern lehnt, so giebt das sicher eine unschöne Stellung.
Hier aber, wo ich solche Gruppen alle Augenblicke sehe, ist die
Stellung stets malerisch und dem einen, ohne besondere Belästigung
des andern, Behagen gewährend. Sehe ich die Weiber und Mädchen
Abends zu 30 oder 40 an den Brunnen, stehend und wartend,
gehend und kommend, wie sie die grossen kupfernen Henkelgefässe
so sicher und stattlich auf dem Haupte tragen, die rechte Hand mit
der obern Rückenfläche in die Seite gestemmt, die linke entweder
lässig niederhangend, oder an den einen Henkel des Gefässes gelegt,
so habe ich die herrlichsten malerischen Gruppen. — Und wie ver-
stehen diese Italiener in den kleinsten Landstädtchen ihre Kirchen
an Festtagen zu schmücken! Alle Säulen, Pfeiler und selbst die
Wände sind mit den hellsten, farbenschimmernden, besonders mit
rothen und gelben Stoffen bekleidet; Goldborten, Tressen und allerlei
Blitzendes sind an den zierlich und geschmackvoll verschlungenen
Gewinden nicht gespart; Blumensträusse in Krügen und Vasen duften
um die Wette mit dem himmelansteigenden Weihrauch. Hunderte
von Lampen und Kerzen beleben durch den geheimnissvollen Licht-
glanz all’ die fröhliche Pracht des Hauptaltars. Ja diese Pracht
der Kirchen, die Feierlichkeit des öffentlichen Gottesdienstes,
die durch den Wohllaut der italienischen Sprache besonders
erhebenden Kirchengesänge, von der schönsten-Musik begleitet,
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
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344
¡Der Länge nach von dem großen Nilflufse durchströmt, welcher sich in
mehreren Armen in das mittelländische Meer ergießt. Durch diesen
Fluß wird das Thal, welches er durchströmt, regelmäßig jeden Sommer
überschwemmt und dadurch vermittels des zurückbleibenden Schlammes
überaus fruchtbar gemacht, so daß bei der heißen Beschaffenheit des
Klimas in einem Jahre mehrfache Ernten stattfinden, und ein großer
Überfluß, besondes an verschiedenen Getreidearten erzeugt wird. Nicht
selten aber hat dieser faulende Nilschlamm auch die Pest verursacht, welche
sich von Ägypten her schon öfter verheerend verbreitet hat. Die aus-
nehmende Fruchtbarkeit des Nilthals erklärt uns den frühern Anbau
desselben, und dieser, so wie die eigenthümliche Beschaffenheit des Landes
selbst, die frühere Ausbildung mehrerer Gewerbe, Künste und Kenntnisse
in Ägypten, z.b. des Ackerbaues, des Kanalbaues, der Baukunst,
Meßkunst u. s. w. Als Jakob mit den Seinigen dahin wanderte, war
Ägypten schon ein geordneter Staat und zum Theil stark bevölkert. Schon
vor länger als 3000 Jahren baute man Wohnungen aus gebrannten
Ziegelsteinen oder gehauenen Felsstücken. Von der Beharrlichkeit und
Kunst in Aufführung großer Bauwerke in einer Zeit, die über alle
unsere Nachrichten hinausgeht, zeugen noch heute die Obelisken oder
16 bis 56™ hohe, spitz zulaufende Säulen, oft aus einem einzigen
Steine, deren einige später, als die Römer Herren von Ägypten waren,
nach Rom gebracht und daselbst aufgerichtet worden sind. Noch be-
wundernswürdiger sind die Pyramiden, große viereckige, spitz zulaufende
Gebäude, 62 bis 250™ hoch, mit innern Gemächern ohne Thüren
und Fenster. Sie dienten wahrscheinlich zu Grabmälern für die Könige;
wenigstens hat man in ihnen viele einbalsamirte Leichname oder Mumien
gefunden, deren anan mehrere auch nach Europa gebracht hat.
Auch die Schreibkunst war in Ägypten schon frühe bekannt. In
den ältesten Zeiten aber schrieben die Menschen auf Stein und Holz.
Später schrieben die Ägypter auf Blätter der Papierstaude. Indessen
eine Buchstabenschrift kannten sie noch nicht, sondern zeichneten ganze
Figuren zum Äusdruck des Gedankens. So z. B. bedeutete eine
Schlange, die sich in den Schwanz biß, die Zeit oder den Kreislauf
des Jahres; ein Auge die Vorsicht u. s. w. Diese Bilder- und
Zeichenschrift nannte man Hieroglyphen. Die weit vollkommenere
und leichter verständliche Buchstabenschrift ist eine Erfindung der Phö-
nizier, eines handeltreibenden Volkes, welches in Asien, nördlich von
Canaan am mittelländischen Meere wohnte.
Die bedeutendsten Städte Ägyptens sind Alerandrien und Kairo.
36. Der treue Löwe.
Ein gewaltiger Löwe ruhte im Wald,
Da stürzte aus nächtlichem Hinterhalt
Auf ihn eine riesige Schlange.
Mit grimmiger Eile umschlinget sic ihn,
Sie windet sich um ihn und stürzt ihn dahin,
Es wehret der Löwe sich lange.
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- 449
Man nannte diese ganz neue und echt deutsche Baukunst die gothische»
Sie wurde von einer großen, bürgerlichen Zunft gepflegt. Früher hatte
jedes Kloster seine Werkmönche, Baumeister, Bildhauer, Maler, Musiker;
im dreizehnten Jahrhundert aber entstand in den Städten die
große Zunft der Maurer und Steinmetzen. Ihr Geheimniß blieb der
Zunft erblich, und sie genoß daher große Vorrechte. Im oberen Deutsch-
land, z. B. in Ulm, hatte diese Zunft sogar eine Zeit lang das
Stadtregiment, woraus sich das Vorkommen so vieler Prachtkirchen in
den Städten mit erklärt. Sie sind alle in einem Geiste, nach einem
durchgreifenden Gesetze gebaut. Noch stehen die erhabenen Dome und
geben Zeugniß von diesem Geiste, oen wir in wenigen Zügen deuten wollen.
Die Gebäude mußten erhaben in der Masse sein, das Auge zur
Bewunderung hinreißen, das Herz zum Großen stimmen; denn groß
und erhaben ist die Gottheit, die im Tempel verehrt wird. Die Ge-
bäude mußten alles Schwerfällige vermeiden, alle Mühseligkeit der Ar-
beit verbergen und leicht, natürlich wie die Pflanze, von einem innern
Lebenstrieb hervorgedräugt, aus dem Boden zu wachsen scheinen; denn
der Glaube an die Gottheit ist nichts Erzwungenes, Drückendes, sondern
das Freieste und Natürlichste, wie das Erhabenste. Der Bau mußte
nach der Höhe streben, alle Säulen, Pfeiler und Thürine, wie Pflanzen
und Bäume, hervorwachsen ans Licht; denn der Glaube strebt dem Him-
mel zu. Der Altar mußte gegen Morgen stehen; denn von Morgen
kam der Heiland! Endlich mußte die Erhabenheit des Ganzen in die
reichsten und lieblichsten Verzierungen sich verbergen, die starre Linie in
tausend zierlichen Windungen und Stufen, wie der Lichtstrahl in Farben,
sich brechen, die Masse nur aus unermeßlich vielen, für sich lebendig
scheinenden Steingewächsen sich aufbauen; denn die Gottheit verbirgt
sich in der Welt und Natur und ist nicht getrennt von der lieblichen
Mannigfaltigkeit der Dinge. Durch alle diese Verzierungen geht aber
wieder eine Grundform durch, worin der Geist des Ganzen je wieder
im Kleinen ausgesprochen ist. Diese Form ist die Rose in Fenstern,
Thüren, Bögen, Säulenverzierungen und, von ihr getragen oder zu ihr
ausblühend, das Kreuz. Die Rose bezeichnet hier immer die Welt, das
Leben, das Kreuz den Glauben und die Gottheit. Ein Kreuz in der
Rundung der Rose war das allgemeine Zeichen der Gottheit im Mittelalter.
An den Bauten erschöpften Jahrhunderte ihren Fleiß. Was eines
Mannes kühner Geist ausgedacht, vermochten erst späte Geschlechter zu
vollenden; denn der lebenslängliche Fleiß von tausend und aber tausend
kunstbegabten Händen war erforderlich, um das rohe Gestein nach dem
Riesengedanken zu zwingen. Doch in treuer Entsagung eigener Ver-
besserungssucht arbeiteten gleich große Meister im Sinne und Geiste
nach dem Plane des ersteren fort, und jeder war stolz auf das Werk,
nicht auf den Namen, also daß uns fast alle diese Meister, die Er-
finder wie die Vollender, völlig unbekannt geblieben sind. Das größte
dieser Wunderstücke ist der Dom von Köln. Er ward angeleg:
Hassters' Lesebuch für Oberkl. Sinmltan-Ausgabs. Jh
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche]]
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Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
§ 15. Das Leben im Mittelalter.
25
kamen am Sonntage zusammen, um in Singschulen ihre Lieder vorzutragen
-(Meistersänger). Da sie oft mehr Wert auf die Form als aus den Inhalt
legten, so sank ihre Poesie zu bloßer Reimerei herab. Der berühmteste
Meistersänger war der Schuhmacher Hans Sachs in Nürnberg, ein
Zeitgenosse Luthers.
2. Die Baukunst trat frühe in den Dienst der Kirche. Bis in die
Zeit der ersten Hohenstaufen erbaute man die Gotteshäuser in dem aus
Italien stammenden romanischen Baustile, kenntlich an den halbkreis-
runden Bogen der Fensteröffnungen und Portale (die Dome zu Speier,
Worms und Mainz). Gegen Ende der Hohenstaufenzeit bildete sich am
unteren Rhein und im nördlichen Frankreich ein Baustil aus, bei dem an
die Stelle des Rundbogens der Spitzbogen trat, es ist der gotische. Ein
Abbild des mächtigen deutschen Waldes, steigen die schlanken Säulen wie
Bäume empor. Aus ihnen wachsen, Ästen und Zweigen vergleichbar, die
Rippen des Gewölbes hervor, sich vielfach verzweigend. Prächtige Stein-
metzarbeit, meist Blattformen, schmücken die Süulenknäufe und das groß-
artige Portal. Durch die hohen, kunstvoll gemalten Fenster fiel ein ge-
mildertes, zu frommer Andacht stimmendes Licht. Aber die Hauptzier der
gotischen Kirchen sind die schlanken Türme, die, je höher sie aufsteigen,
desto leichter und zierlicher werden, bis sie mit einer gewaltigen Blume in
Kreuzesform endigen. Das höchste Kleinod dieses Baustiles ist der Kölner
Dom, dessen Bau, im Jahre 1248 begonnen, dann Jahrhunderte unter-
brochen, in unseren Tagen durch Preußens Könige vollendet wurde. An
stolzer Pracht steht ihm zunächst das Straßburger Münster. Erwin von
Steinbach entwarf den Plan zu demselben; vier Jahrhunderte hat man
daran gebaut. — Auch weltlichen Zwecken dienende Gebäude wurden im
gotischen Stile aufgeführt, z. B. die Marienburg der Deutschritter, das
Rathaus zu Breslau, das zu Braunschweig und der Artushof in Danzig.
Von den heutigen Städten hat Nürnberg sein altertümliches Gepräge
gewahrt.
E. Die Rechtspflege. 1. Sie war von Karl dem Großen so ge-
ordnet worden, daß nicht mehr alle Freien an den Gerichtstagen teilnahmen.
Nur einige gewählte Männer, Schöffen genannt, führten das Richteramt
unter dem Vorsitze eines kaiserlichen Beamten. Anfänglich gab es keine
geschriebenen Gesetze; man richtete nach Sitte und Herkommen. Später
schrieb man die Gesetze auf. Solche Gesetzsammlungen sind der Sachsen-
und der Schwabenspiegel, so genannt, „weil man darin sein rechtlich ge-
ordnetes Leben erkennen sollte, wie in einem Spiegel". Überaus gewalt-
tätig war die Rechtspflege. Verweigerte der Verklagte das Geständnis,
so wurde es durch Folterqualen erpreßt, oder der Arme mußte durch ein
Gottesurteil seine Unschuld beweisen, weil man meinte, Gott werde den
Unschuldigen nicht zu Schaden kommen lassen. Darum mußten Verklagte
zum Beweise ihrer Unschuld glühendes Eisen tragen, die Hand in siedendes
Wasser stecken u. dergl. — Aber die Rechtspflege wurde noch schlechter, als
bei dein Sinken der Kaisermacht die kleineren Fürsten und Grundherren
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Extrahierte Personennamen: Hans_Sachs Erwin_von
Steinbach Karl Karl
Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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Des Deutschen Reiches Verfassung.
8 61.
und wenig anmutig. Hier und da gibt es mit Geröll überlagerte Strecken.
In den Flußniederungen ziehen sich häufig lange Snmpfvertiefungen hin;
sie werden in Bayern Möser (Einzahl — Moos), in Schwaben Riede
genannt. Sie sind für den Ackerbau ganz unbrauchbar. Die Dörfer sind
sehr weitläufig angelegt. Im Donautal lagert guter Boden, der viel Ge-
treide liefert. — Im Maingebiet ist das Klima mild. Am untern Main
und in der Pfalz wird Wein gebaut. Die Bewohner (Franken) zeigen
hier mehr Kunstsinn und Gewerbfleiß als die der Bayrischen Hochebene.
Sie sind zum Teil evangelisch. — In ganz Bayern ist die Viehzucht bedeutend,
besonders in den Alpengegenden. Das Nationalgewerbe ist die Bierbrauerei.
Nürnberger Spielwaren und Berchtesgadener Schnitzereien in Holz und
Horn erfreuen sich eines Weltrufes. Der Handel ist lebhaft, besonders in
Nürnberg und Augsburg. In München, Erlangen, Wiirzburg sind Uni-
versitäten. Mehr als % der Bewohner bekennen sich zur römisch-katholischen
Kirche.
München, Hptst., an der Isar, 500 000 E., mit herrlichen Bauwerken, Univers.,
viele Bierbrauereien. In der Nahe ist die Ruhmeshalle, in der die Büsten berühmter
Bayern aufbewahrt werden. Augsburg, am Lech, 90 000 E., bedeut. Hdlst. In ihr die
Fuggerei, d. i. eine Straße von 50 Häusern, in denen arme, rechtschaffene Leute umsonst
Wohnung haben. Die Fuggerei hat ihren Namen von einem Augsburger Handelsherrn,
Fugger genannt, der so reich war, daß er an Kaiser Geld leihen konnte. In der Nähe
das Lechfeld, wo Otto I. 955 die Ungarn schlug. Ingolstadt, starke Festg. Regens-
burg. In der Nähe die Walhalla, ein Marmortempel mit den Bildsäulen berühmter
deutscher Männer. Pas sän, schön gelegen an der Mündung des Inn, durch eine Feste
geschützt. Würuöerg, a. d. Pegnitz, 260 000 E., erste Handels- und Fabrikstadt Bayerns.
„Nürnberger Tand geht durchs ganze Land." Nürnberg hat die altertümliche Bauart
großenteils treu bewahrt. An dem obern Stockwerk der Häuser sieht man viele zierliche
Erker und Ecktürmchen, am untern überdeckte Säulengänge, Lauben genannt. Die Häuser
schauen mit dem Giebel nach der Straße hin und sind mit kunstvollem Schnitzwerk geziert.
Auf einem Felsen in der Stadt ragt die kaiserliche Burg hervor, von welcher die Mark
Brandenburg ihre ersten Hohenzollern erhielt. Im 15. und 16. Jahrhundert lebten hier
Hans Sachs, Dürer, Bischer u. a. Fürth, gewerbreich. Erlangen, evang. Uni-
versität. Bayreuth, fabriktätig. Bamberg, bedeutende Gärtnereien. Würzburg,
Universität. Kis singen, Badeort. — In Rheinbayern liegen: Spei er und Kaisers-
lautern. Speier war eine Zeitlang Begräbnisplatz der deutschen Kaiser.
§ 61. .Des Deutschen Ziciches Umfassung. a. Der König von Preußen ist deut-
scher Erb-Kaiser. Seine Residenz ist Berlin. Er ist der Kriegsherr und oberste Führer
aller deutschen Armeen. Die Gesetze werden von dem Bundesrate und dem Reichstage
beraten und festgestellt, vom Kaiser, wenn er sic bestätigt, verkündigt. Der Bundesrat
besteht aus den Abgesandten der deutschen Regierungen. An der Spitze des Bundesrats
steht der Reichskanzler. Die Mitglieder des Reichstags wählt das Volk. Je 100 000 Einw.
wählen einen Abgeordneten für einen Zeitranni von 5 Jahren. Wahlberechtigt ist jeder
Deutsche nach vollendetem 25. Jahre. Die Wahl erfolgt unmittelbar durch Abgabe ge-
schlossener Stimmzettel. — Der Bundesrat und der Reichstag halten ihre Versammlungen
in Berlin ab. — b. Das Reich hat eine gemeinsame Kriegsmacht, welche unter dem
Kaiser steht. Sie zerfällt in das Landheer und in die Seemacht (Kriegsmarine). Das
Landheer besteht aus Infanterie, Kavallerie, Artillerie, Pionieren und Train-Kolonnen.
Auch sind besondere Abteilungen zum Krankendienste, sowie für Eisenbahn-, Luftschiff-
fahrt- und Telegraphen-Verwaltung bestimmt. Zur Kavallerie gehört die leichte Reiterei
(Husaren und Dragoner) und die schwere Reiterei (Ulanen und Kürassiere); neuerdings ist
die gesamte Kavallerie mit Lanzen bewaffnet. Die Artillerie zerfällt in Festungs- und
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Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
F. Birls Aealiendià N". ih.
Abriß
der alten Geschichte
von H. -Sieber.
8 1. Ägypter.
1. Das Land der Ägypter, Ägypten, liegt im Nordosten von Afrika.
Es ist nur wenige Meilen breit, von Felsengebirgen und Wüsten eingeschlossen
und wird seiner ganzen Länge nach vom Nil durchströmt, dem das Land seine
Fruchtbarkeit verdankt. Im September überflutet der Nil seine User, so daß
Dörfer und Städte wie Inseln aus der Flut hervorragen. Nach seinem
Zurücktritt hinterläßt er einen äußerst fruchtbaren Schlamm, in welchem das
Getreide hundertfältigen Ertrag bot, so daß Ägypten die Kornkammer der alten
Welt genannt wurde.
2. Das Volk der Ägypter hielt sich von aller Welt abgeschlossen, war
ernst und streng und teilte sich in mehrere Stände oder Kasten, die nicht
allzustreng voneinander geschieden waren, aber doch so, daß der Sohn meist
dem Berufe des Vaters folgte. Es gab eine Priester-, eine Krieger-, eine
Ackerbauer-, eine Handwerker- und eine Hirtenkaste. An der Spitze des Staates
stand ein König, der den Titel Pharao, d. h. Sohn des Sonnengottes Ra,
führte und unumschränkt regierte. Neben dem Ra oder Ammon verehrten
die Ägypter noch viele andere Götter, deren Eigenschaften sie in vielen Tieren
wiederzufinden meinten; daher wurden z. B. Krokodile, Katzen, Ibisse und
andere Tiere göttlich verehrt, am meisten der Stier Apis, welcher dem guten
Gotteosiris geheiligt war. Dieser Gott wurde von dem bösen Gotte Typhon,
der verheerenden Sommerglut, getötet und von seiner Gemahlin Isis, d. i.
die Erdgöttin, solange gesucht, bis Horus, d. i. das wiedererstehende Jahr,
den Typhon besiegte. — Die Ägypter glaubten an eine Fortdauer der Seele
nach dem Tode. Sie meinten, diese wandere zu ihrer Läuterung in Tierleiber
und kehre erst nach einigen 1000 Jahren in den Leib zurück. Darum sorgte
man für lange Dauer der Leichen, indem man sie mit kostbaren Harzen ein-
balsamierte und so unverweslich machte (Mumien).
3. Die Bauwerke der Ägypter sind noch heute bewundernswert. Die
Pyramiden sind ungeheure Steinbauten, die nur schmale Gänge und enge
Grabkammern enthalten zur Aufnahme der Mumien von Königen. Die größte
Pyramide ist höher als der Cölner Dom; an ihr haben 100000 Menschen
40 Jahre lang gearbeitet. — Jede ägyptische Stadt besaß in Felsen gehauene
Grabkammern (Katakomben) zur Aufnahme der Mumien. Großartige
Tempelruinen sind in der Nähe des alten Theben (Luksor). Die zu den Tempeln
führenden Wege waren mit Obelisken besetzt, das sind bis 30 m hohe. aus
einem Stück gearbeitete und polierte Spitzsäulen. Diese, sowie die Wände der
Grabkammern sind bedeckt mit einer Bilderschrift (Hieroglyphen), die nur
den Priestern bekannt war. — Wie in der Baukunst leisteten die Ägypter
Hervorragendes in der Sternkunde, der Medizin, der Mathematik, auch fertigten
sie aus Byssus und Baumwolle kostbare Gewebe und aus den Blättern der
Papyrusstaude Papier. —
.. 4. Geschichte. Die älteste Hauptstadt war Memphis, vom König Me nés ge-
gründet um 4000 v. Chr. Die Nachfolger desselben erbauten die größten Pyramiden
und legten den See Möris an, der die Bewässerung des Landes regelte. Um 2000
wurde Ägypten durch ein asiatisches Hirtenvolk, die Hyksos, unterworfen, die 600 Jahre
herrschten, ohne aber das Leben der Ägypter zu ändern. In diese Zeit fällt die Ein-
F. Hirts Realienbuch. Nr. 10. 8. Auflage. N. R. 1
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Extrahierte Personennamen: Birls_Aealiendià H. Ammon